Bodensee-Umrundung - Rheinradweg

Wie alles begann...

In jüngeren Jahren fuhr ich viel mit dem Fahrrad, auch öfter mal größere Strecken. Ein Mountainbike mit Alu-Rahmen und 18-Gang-Kettenschaltung war damals das Spitzenmodell. An eine Federgabel oder gar Vollfederung dachte damals noch niemand, geschweige denn an ein E-Bike oder Pedelec. Im Laufe der Jahre mehrten sich dann die Probleme in den Knien und im Rücken, so dass ich immer weniger mit dem Rad fuhr.
 
Vor zwei Jahren bekam ich dann zu meinem 55. Geburtstag ein Test-Wochenende mit einem Pedelec geschenkt. Da ich die Entwicklung auf dem E-Bike-Markt schon eine Weile beobachtet hatte, war ich sehr gespannt auf meine erste Fahrt – und die war ein voller Erfolg. Auf Waldwegen von Baden-Baden nach Ebersteinburg und auf die Rote Lache, das war dank der Motor-Unterstützung kein Problem. Nur mit der Federung war ich noch nicht ganz zufrieden. Also intensivierte ich in den nächsten Tagen meine Recherchen und stieß dabei auf die Firma Riese und Müller, die sich auf Fahrräder mit Vollfederung spezialisiert hat.
 
Kurz darauf fand ich mich zur Probefahrt im Radhaus Kastner ein und dank der guten Beratung war meine Entscheidung schnell gefallen: das Modell Culture mit Bosch Mittelmotor und der wartungsarmen stufenlosen NuVinci Nabenschaltung – das war mein Rad!
 
Nach zwei Wochen war es dann so weit, frisch vom Werk konnte ich mein Bike in Empfang nehmen und ich habe diesen Kauf noch keinen Tag bereut. Ich fahre täglich damit zur Arbeit, erledige meine Wocheneinkäufe und mache auch öfter wieder größere Radtouren damit – ohne Knie- oder Rückenprobleme.
 
Dass ich mich mit meinem Bike auch mal auf mehrtägige Radwanderungen begeben würde, das war abzusehen – so auch in meinem diesjährigen Urlaub. Die Tour Am 23. September bestieg ich um 06:25 Uhr die Schwarzwaldbahn von Baden-Baden nach Konstanz. Meine Ausrüstung:
 
• Riese und Müller Culture NuVinci
• 1 Akku 288 Wattstunden
• 1 Akku 400 Wattstunden
• 1 Paar Ortlieb Bike-Packer Classic
• 1 Gepäckträgertasche
• 1 Klickfix Lenkertasche mit Kartentasche
 
Bei strahlendem Sonnenschein erreichte ich um 09:16 Uhr Konstanz,
 
Mit dem E-Bike in Konstanz
 
wo ich mich auch gleich auf den Weg in Richtung Ludwigshafen, den Überlingersee entlang, machte. Der Bodensee-Radweg umrundet auf teils asphaltierten Wegen, teils auch Erdwegen
 
Mit dem E-Bike rund um den Bodensee
 
und Landstraßen mit wenig Verkehr den kompletten See und ist überwiegend gut ausgeschildert. Trotzdem ist ein Radwanderführer mit Karte unbedingt zu empfehlen, schon auch deshalb, weil man sonst die eine oder andere Sehenswürdigkeit leicht übersehen könnte.
 
Nach einem Abstecher in die Marienschlucht bei Langenrain erreichte ich um die Mittagszeit Ludwigshafen, wo man unbedingt das 10x4 m große Lenk-Relief an der Rathauswand besichtigen sollte. Über Überlingen
 
Mit dem E-Bike bei Überlingen
 
ging es weiter zur Basilika Birnau, die inmitten von Weinbergen liegt.
 
 
Von dort war es nicht mehr weit nach Unteruhldingen, meinem ersten Tagesziel. Dort machte ich noch mit dem Besuch des Pfahlbaumuseums einen Ausflug in die Steinzeit.
 
Pfahlbauten Uhldingen
 
Bei anfänglichem Hochnebel ging es am nächsten Morgen nach Meersburg
 
Meersburg
 
mit seinem schönen historischen Stadtkern und weiter durch die Weinberge bei Hagnau nach Friedrichshafen. Dort kann man das Zeppelin-Museum besuchen und vom 22 m hohen Aussichtsturm an der Hafenmole hat man einen herrlichen Blick über die Stadt.
 
Bei Langenargen passiert man die Argen-Hängebrücke,
 
Rheinradweg
 
die älteste Kabel-Hängebrücke Deutschlands (Bj. 1896-1898). Diese soll als Vorbild für die Golden Gate Bridge in San Francisco gedient haben. Über Lindau mit der wohl bekanntesten Hafeneinfahrt am Bodensee und dem sehenswerten Alten Rathaus
 
Lindau
 
erreichte ich am späten Nachmittag das österreichische Bregenz,
 
Bregenz
 
wo es dann gegen Abend zu regnen begann. Bei strömendem Regen durchfuhr ich am nächsten Morgen das Mündungsgebiet des Rheins
 
Mündungsgebiet Rhein
 
und erst im schweizerischen Rorschach wurde das Wetter langsam wieder besser. Die Ortschaften am Schweizer Ufer sind vom Massentourismus noch weitgehend verschont und laden mit ihren schmucken Fachwerkhäusern zum Bummeln ein.
 
Rorschach
 
Über Arbon, Romanshorn, Uttwil, Kesswil und Kreuzlingen erreichte ich gegen 16 Uhr wieder Konstanz. Bei der obligatorischen Stadtbesichtigung bestieg ich auch den Münsterturm, 
 
Münster Konstanz
 
von dem man eine herrliche Aussicht über die Stadt und auf den See hat. Ziel des vierten Tages war zunächst das UNESCO Welterbe Insel Reichenau, das man über einen 1,5 km langen Damm erreicht. Die Insel ist geprägt durch den Gemüseanbau,
 
Reichenau
 
Gewächshäuser und ihre 3 Kirchen. Zurück am Ufer des Untersees erreichte ich über Allensbach die Stadt Radolfzell mit seiner hübschen Altstadt.
 
Altstadt Radolfzell
 
Hier lichtete sich auch wieder der allmorgendliche Hochnebel, so dass ich Öhningen, mein letztes Tagesziel am Bodensee, bei schönstem Wetter erreichte. Nur ca. 3 km von Öhningen liegt Stein am Rhein. Hier verlässt der Rhein den Bodensee wieder und fließt weiter in Richtung Basel und dann nach Norden, bis er bei Rotterdam die Nordsee erreicht. Der Bodensee-Radweg führt von Stein am Rhein am Schweizer Ufer entlang zurück nach Konstanz. Mein Weiterweg führte jedoch nach Besichtigung der herrlichen freskenverzierten Häuser von nun an auf dem Rheinradweg in Richtung Heimat.
 
Alle Wege führen nach ...
 
Die nächste größere Stadt auf dem Weg war Schaffhausen. Dort hat man von der Festung Munot, dem Wahrzeichen der Stadt, den besten Blick über die sehenswerte Stadt. Doch das absolute Highlight dieses Tages war ca. 4 km weiter der Rheinfall bei Neuhausen.
 
Rheinfall
 
Ab hier gibt es eine rechts- und eine linksrheinische Radwegvariante. Ich hatte mich für die linksrheinische entschieden und stieg vom Schloss Laufen hinunter zu diesem imposanten Wasserfall (Breite 150m, Höhe 23 m). Danach ging es beschaulicher durch hügeliges Gelände über Rheinau, Flaach und Tössegg nach Kaiserstuhl. Dabei passierte ich auch einige Stellen, die sich gut zum Baden eignen
 
R+M Culture
 
– laut amtlicher Bestätigung der Kantonspolizei Zürich
 
Haie im Rhein?
 
ohne Gefahr durch Haifische :-)).
 
Bei Kaiserstuhl verließ ich über die Rheinbrücke die Schweiz wieder und erreichte das Etappenziel Hohentengen.
Ziemlich nebelig und feucht ging die Fahrt am nächsten Morgen weiter, am AKW Leibstadt
 
AKW Leibstadt
 
vorbei nach Waldshut und Laufenburg. Hier lichtete sich der Nebel wieder, so dass ich die Stadtbesichtigung genießen konnte. Laufenburg besteht aus einem deutschen und einem schweizerischen Teil, verbunden durch eine Rheinbrücke (für Autos gesperrt). Die schönen Fachwerkhäuser und die farbigen Häuserzeilen direkt am Rheinufer haben mir hier besonders gut gefallen.
 
Laufenburg
 
Rund 11 km weiter liegt die Trompeterstadt Bad Säckingen
 
Trompeterstadt Bad Säckingen
 
mit dem Fridolinsmünster und einer überdachten Holzbrücke über den Rhein und nach weiteren 20 km war Rheinfelden erreicht. Bei zunächst sonnigem Wetter radelte ich am nächsten Tag ins 17 km entfernte Basel. Auf diesem Streckenabschnitt änderte sich das Landschaftsbild durch die Industrialisierung zunehmend. Der Radweg verläuft in Basel direkt am Flussufer entlang und ein Abstecher in die Innenstadt ist gut machbar. Ich hielt mich jedoch nicht lange auf, weil ich an diesem Tag noch bis nach Breisach wollte. Zuerst ging es noch nach Bad Bellingen, wo ich außer meinem nur gelbe Fahrräder sah.
 
Bad Bellingen
 
Nach der Mittagsrast im Kurpark waren es noch 37 km bis zum Tagesziel. Dort blieb mir noch genug Zeit für einen Stadtbummel mit Besichtigung des St. Stephansmünsters
 
Breisach am Rhein
 
und ein leckeres Abendessen in der Altstadt. Etwas eintönig empfand ich die nächste Tagesetappe von Breisach nach Kehl, was aber sicher zum Teil an dem feucht-nebligen Wetter lag. Willkommene Abwechslung boten das bunt bemalte Zollhäusle bei Sasbach
 
Zollhäusle Sasbach
 
und ein Elch sowie einige andere Tiere auf dem Weg nach Weisweil.
 
Nach Weisweil ein Elch
 
Ein Großteil des Weiterweges führt durch eine unberührte Auenlandschaft
 
Auenlandschaft
 
mit großem Vogelreichtum. Schwäne in allen Farben, Enten und auch einige Reiher waren zu sehen. Bei der Ankunft in Kehl hatte sich das Wetter etwas gebessert und so machte ich noch einen kleinen Ausflug in das Gelände der Landesgartenschau 2004 und überquerte den Rhein auf der Passerelle des deux Rives (Brücke der zwei Ufer).
 
Passerelle des deux Rives
 
Auf Anraten meines Gastgebers ließ ich mein Rad mit dem Gepäck im Hotel und fuhr am nächsten Morgen bei schönstem Wetter mit dem Bus ins benachbarte Strasbourg. Dort nahm ich mir Zeit für die Besichtigung der schönen Altstadt und auch des berühmten Münsters.
 
Strasburger Münster
 
Am frühen Nachmittag startete ich dann von Kehl zur letzten Etappe dieser Reise, vorbei am Kehler Industriegebiet über Auenheim, Freistett,
 
Rheinradweg
 
Greffern und Hügelsheim nach Baden-Baden.
 
kartung
 
Fazit
Dies war meine bisher längste Radwanderung (incl. aller Abstecher rund 700 km), aber sicher nicht die letzte. Mit der richtigen Ausrüstung wie wasserdichter, atmungsaktiver Kleidung ist auch ein Regentag zwischendurch nicht ganz so schlimm. Sehr gut bewährt haben sich auch die Packtaschen von Ortlieb, die sind wirklich absolut dicht.
 
Für Tagesetappen von bis zu 90 km ist ein Zweitakku sehr zu empfehlen, um nicht auf zeitraubendes Zwischenladen angewiesen zu sein. Bei ca. 25 kg Gepäckgewicht reduziert sich die Reichweite der Akkus spürbar. Mit dem 400 Wattstunden-Akku kam ich je nach Gelände ca. 40 bis 60 km weit.
 
Ebenso haben sich auch die Pannenschutzreifen Schwalbe Marathon Plus auf den teilweise unbefestigten Wegen bewährt.
 
Meine Unterkünfte am Bodensee hatte ich im Voraus gebucht, weil das doch eine sehr gefragte Ferienregion ist. Für den Weiterweg habe ich dann jeweils am Vorabend telefonisch reserviert. Da die Hauptferienzeit bereits vorbei war, hat das ganz gut geklappt. 
 
Ich hoffe, dass ich euch mit meinem Bericht ein paar verwertbare Tipps und Anregungen geben konnte und wünsche euch viel Spaß beim Nachahmen.
Euer Joachim H.